Volksschule in Wingsbach

Die erste Unterricht in Wingsbach fand nicht wie angenommen in der heutigen alten Schule statt, sondern in der Strackgasse 3 oberhalb der Feuerwehr heute, Karin Winkler Kosmetik und Klaus Werner Grafikdesign

Dort wohnte später Lisette Hertling, geb. Müller „Schulers Settche“ genannt. Das war vor 1920. Lehrer Rau unterrichtete von 1896 – 1921, leider gibt es keine Zeitzeugen mehr, die uns aus ihrer Klasse berichten könnten.

Schulklasse mit Lehrer Rau

Schulklasse mit Lehrer Rau
Oben von Links: Rudolf Kugelstadt, Willi Kettenbach, Ernst Schneider, Emil Bodenheimer, Hermann Wittlich, Walter Wittlich, Rudolf Wittlich

Oben zweite Reihe von Links: Artur Mehl, Erna Hieß, Anna Kugelstadt, Else Körner, Hedwig Körner, Paula Schneider, Elli Usinger, Arnold Körner

Mitte von Links: Hedwig Conradi, Wilhlmine Conradi, Mina Kugelstadt, Lehrer Rau, Johanna Hieß, Anna Usinger, Emma Kugelstadt

Unten zweite Reihe von Links: Otto Hieß, Emil Kugelstadt, Otto Kugelstadt, Emil Mehl, Emil Kaiser, Ernst Wittlich, Albert Wittlich, Otto Körner

Unten von Links: Ernst Bodenheimer, Albert Kettenbach, Otto Kettenbach, Gustav Forst, Emil Kugelstadt, Ernst Stiehl.

Warum 2x Emil Kugelstadt wissen wir nicht?

 

Als Lehrer Monz (1921- 1937) in Wingsbach tätig war, kann man aus Erzählungen etwas zusammentragen, was ein  Bild vom Schulalltag in Wingsbach zeichnet.

Schulklasse mit Lehrer Monz

Schulklasse mit Lehrer Monz
Oberste Reihe von Links: Elfriede Bremser (Keller), Erna Diefenbach (Scherf), Willi Christ, Rudi Kugelstadt, Walter Klink, Kurt Körner, Helmut Petri, Lehrer Monz

Mittlere Reihe von Links: Lina Birk (Stiehl), Herta Diefenbach (Otto), Erna Enders (Schäfer), Herta Kugelstadt ( Stein), Herta Kaiser (Schneider), Karl Kaiser, Otto Christ, Kurt Gros, Willi Kaiser

Erste Reihe von Links: Otto Kaiser, Erna Kugelstadt(Deußer), Erna Kaiser (Weber), Irmgard Kaiser( Petri), Liselotte Monz, Irma Seel (Juretzko), Lilli Seel (Bauer), Karl Riedel, Werner Kugelstadt, Arthur Klink

 

Herta Kaiser (Schneider) erinnert sich:

Sie wurde 1926 eingeschult. Es gab die einklassige Schule: alle Klassen wurden in einem Raum gleichzeitig unterrichtet. Die kleinen Kinder saßen  vorne und die Großen hinten. Die damaligen Schulbänke aus Wingsbach sind im Wehener Museum zu bewundern.

Altes Klassenzimmer
Altes Klassenzimmer
Im Schulraum im oberen Stockwerk gab es außer zwei Reihen Sitzbänken mit Tischen , dem Lehrerpult und der Tafel, auch einen großen Schrank, in welchem Bücher und Arbeitsmaterial Platz fanden. Die heutige Küche, das spätere Kämmerchen, gehörte noch zur Lehrerwohnung.

Der Unterricht im Winter: Morgens von 8 bis 12 Uhr und am Nachmittag von 14 bis 16 Uhr. In der Winterzeit gab es  keine Feldarbeit, bei der die Kinder zuhause gebraucht wurden und so arbeitete man im Winter die Zeit ein. Im Sommer gingen die Schüler nur morgens zur Schule.

Die Kinder erlernten die “Sütterlinschrift”. Ab 1930 wurde im wöchentlichen Rhythmus auch lateinisch geschrieben.

Im Herbst wurden gemeinschaftlich „Hackelcher“ (Tannenzapfen ) zum Anfeuern des Schulofens gesammelt. Gemeinschaftsarbeit war Bestandteil des Unterrichts, so gruben die Buben den Schulgarten (neben der Turnhalle, heute Anwesen Fehr) um. Die Mädchen jäteten Unkraut und bei der Ernte für den Lehrer halfen alle Kinder mit.

Handwerkliches Können wurde auch geschult. Buben wie Mädchen erlernten die Kerbschnitzerei. Jeder zeichnete sein Motiv auf das Holzwerkstück, was dann mit einem Kerbmesser ausgeschnitten wurde, anschließend gebeizt und mit Bienenwachs gebürstet und poliert. Handarbeitsunterricht erteilte Frau Amalie Hanson (siehe Wingsbacher Bürger), später übernahm den Posten Frieda Kugelstadt.

Skizze vom Backhaus (1962)Die Sportstunde wurde im Sommer kurzer Hand mitten auf der Kreuzung Scheidertalstr – Strackgasse gehalten, es kam ja selten ein Auto. So gab es auch noch keinen Schulhof, denn dort stand das Backhaus und es gab einen Brunnen.

Außer Schreiben, Lesen und Rechnen stand neben Naturkunde auch Geschichte auf dem Stundenplan.

Heimatforschung war das Steckenpferd des Lehrer Monz und so wurden auch die Kinder unterwiesen. Hünengräber, der Limes und die germanischen Götter sind daher heute noch in den Köpfen der damaligen Schüler fest verankert.

In der Sommerzeit wurden oft Ausflüge  zu Zielen in der Umgebung unternommen.

Ausflug Frankfurter Palmengarten 1951
Ausflug zum Frankfurter Palmengarten im Jahr 1951
Ausflug Saalburg  mit Lehrer Monz
Ausflug zur Saalburg mit Lehrer Monz

Die Kinder konnten damals auch schon ihren Lehrer beeinflussen. Wenn die Sonne schien und der Lehrer das Klassenzimmer betrat, schallte ihm folgender Spruch entgegen: „Die Sonne scheint, das Wetter ist schön, Herr Lehrer, wir wollen spazieren gehen.“ Meistens wurde die Bitte erhört und ohne große Vorbereitungen startete ein Halbtagesausflug. Aus der Schule und durch den Ort zogen die Kinder singend, damit die Eltern wussten: Heute ist Wandertag..

Für heutige Zeiten nicht vorstellbar, dass Kinder sich für eine Wanderung nach Wehen zum Heidelbeerpflücken begeistern könnten.

Eine Anekdote aus dieser Zeit: Bei der Einschulung wurde Helmut Petri von Herrn Monz befragt. „ Wie heißt Du?“ und der Junge antwortete einsilbig „Helmut“. „Wo wohnst Du?“ „Daheim“. „Wie heißt Deine Mutter?“ „Elschen“ „Wie heißt Dein Vater?“ „Wilhelm“. Dann kommt der erste Satz von Helmut: “Herr  Lehrer, wenn Sie mich jetzt noch was fragen, geh` ich heim!“

Lehrer Monz wechselte 1937 seine Stelle und ging nach Medenbach bei Wiesbaden. Der Spielmannszug Wingsbach und die ehemaligen Schüler besuchten ihren Lehrer mit großem Musikaufmarsch.

Schulklasse im Jahr 1948

Schulklasse von 1948
Oben von Links: Ingrid Obrotschnik, Irene Obrotschnik, Gertrud Schneider (Hieß), Karl Petri, Horst Ruppert, Paul Wittlich, Horst Keis, Inge Kaiser

Mitte von Links: Günter Fehr, Walter Fehr, Rudi Denzer, Erika Guckes (Wedel), Martha Meixner (Kugelstadt), Erika Wittlich (Mager), Leni Meixner (Groß), Wilma Kugelstadt (Feix), Gisela Stiehl, Marlene Müller, ............ Müller

Vorne von Links: Kurt Schönke, Günter Kugelstadt, Wilfried Biegel, Artur Ruppert, Irene Ahr (Pfuhl), Lucie Hieß(Mayer), Helmi Kugelstadt , Brigitte Hieß (Olbort), Edgar Wittlich, Meta Schönke, Ilse Wittlich(Petri), Traudel Schwarz (Gruber)

  Nachfolger wurde Lehrer Henrici, der dreissig Jahre seinen Dienst in Wingsbach verrichtete.

Schulklasse mit Lehrer Henrici 1953

Schulklasse von 1953
Oben von Links: Lehrer Otto Henrici, Heinz Kugelstadt, Wolfgang Ernst, Werner Ahr, Ilse Wittlich (Petri), Manfred Heidenreich, Elfriede Kuhne, Franz Ernst, Meta Schönke (Schauß), Ewald Jandl, Gertrud Eberle (Moos), Roland Schmid, Helga Stiehl (Rücker), Willi Kugelstadt, Erika Wittlich (Mager), Artur Jandl, Irene Ahr (Pfuhl), Werner Wittlich, Gitta Jandl (Heidl), Helmi Kugelstadt, Heinrich Kuhne

Mitte von Links: Edith Ahr (Noll), Gisela Mehl (Rick), Brigitte Hieß (Olbort), Irmtraud Schneider, Traudel Schwarz (Gruber), Hannelore Körner (Funk), Armin Szittnick, Georg Kuhne

Vorne von Links: Edith Hieß (Diefenbach), Heidi Klepsch (Altenhofen), Gudrun Kaiser (Füll), Hannelore Keller (Schulz), Gerhard Andersch, Werner Mehl, Wilfried Kaiser

Schulklasse mit Lehrer Henrici 1967

Schulklasse von 1967
Lehrer Henrici mit erstes, zweites und drittes Schuljahr,

Von Links: Peter Fischer, Claudia Körner, Jürgen Wittlich, Martina Holtsch, Gaby Bodenheimer(Stoll), Marion Mehl, Ute Kugelstadt, Carla Arnold, Birgit Fliehmann, Achim Feix, Sonja Kugelstadt, Beate Schäfer, Gunnar Engelmann, Günter Hieß, Edwin Petri, Catrin Arnold, Udo Feix, Uwe Hieß,  Alexandra Holtsch, Ilona Panny

1.April 1955 Einschulung Jahrgang 1949

Einschulung 1955
Der Tafelhalter Erwin Hieß, die Brezelhalterin Christel Kaiser (Barth), hinten links Werner Andersch, Helmut Jandl, Werner Forst, Ingrid Christ (Rossel)

 

Wie wurde in der “Einraumschule” in Wingsbach 1955 unterrichtet?

Erwin erinnert sich: Eine Klasse musste andächtig den Ausführungen des Lehrers lauschen, während die anderen mit Rechenaufgaben oder Schreiben beschäftigt waren. Die achte Klasse wurde auch gerne in der Bibliothek, genannt Kämmerchen (heute Küche), mit Gruppenarbeit betraut, war aber durch die Glasscheibe immer im Blick des Lehrers. Ebenso wurde dieser Raum auch zum Separieren von Störenfrieden und zum Nachsitzen verwendet. Als Musikraum diente das Wohnzimmer des Lehrers, denn dort stand das Klavier.

Im Winter hatten die ältesten Kinder die Aufgabe, morgens den Ofen anzufeuern. Das Antreten nach der Pause im Winter folgte einem Ritual: Jeder, der zurück in die Klasse wollte, musste einige Scheite Holz hinauf tragen. Die Kleinen, zwei oder drei, die Großen, so viel sie tragen konnten. Das war eine Art „ungeschriebenes Gesetz“ und gemurrt wurde schon gar nicht. 

Die erste Klasse durfte im Sommer auch schon mal auf den Treppenstufen im Flur sitzend etwas malen. Im Sommer war neben dem normalen Unterricht, bei schönem Wetter Schwimmen angesagt. Die Dörfer Hahn, Bleidenstadt und Wingsbach hatten gemeinsam das Freibad im Kotzebachtal erbaut und das wurde genutzt. Gut so, denn dadurch lernten alle Schwimmen. Das war aber nicht so wie heute: zum Schwimmbad fahren - zwei Stunden schwimmen, mit dem Bus zurück, nein. Schwimmen war ein Ganztagsereignis, da mit dem Besuch im Schwimmbad zugleich ein Hin- und Rückmarsch verbunden war.

Ebenso speziell der Wingsbacher Schulsport im Sommer auf dem Waldsportplatz. Herr Emil Ahr leistete mit Herrn Christian Enders Raupe die Vorarbeit: schieben und planieren. Mit Lehrer Henrici zusammen errichteten die Kinder sogenannte Trockenmauern, um die Auffahrt zum Sportplatz zu festigen. So etwas wurde früher unter Körperertüchtigung verbucht.

Im Winter stand Hallensport auf dem Plan. Das war damals schon vom Feinsten. Es gab alle Sportgeräte die man brauchte, vom Pferd bis zu den Ringen.

"Die alte Schule" wie man das Gebäude heute liebevoll nennt, platzte früher mit 30 Kindern fast aus allen Nähten, zumal der Lehrer im Parterre noch seine Privatwohnung hatte. Das Gebäude war damals  vom Treppenhaus her anders gestaltet. In den fünfziger Jahren gab es an der heutigen Eingangsseite außen eine Treppe, die auf dem halben Stock ins Schulhaus führte. Der Eingang für die Lehrerwohnung war zur Scheidertalstrasse.Die alte Schule

Wo sich heute die Räumlichkeiten der Feuerwehr befinden, war zur damaligen Zeit die Toilette (Plumsklo) und ein Holzschuppen und hinter dem Holzschuppen, der Schulhof mit einem Zaun zur Strackgasse (Wünostrasse).

Jetzt noch zu einem heiklen Thema:

“Lag der Rohrstock, ein bevorzugtes Züchtigungsmittel, früher wirklich auf dem Lehrerpult?“

„Ja!“

Bei Lehrer Monz gab es Schläge, Jungen wie Mädchen, keiner wurde geschont. Wobei die Buben es aber  meist herausforderten. Herr Pfarrer Donsbach soll ihn noch geschwungen haben, den Rohrstock, immer auf die Fingerspitzen, das gibt warme Hände! Lehrer Henrici bevorzugte Wurfgeschosse. Er nahm dazu das, was er gerade in seiner Hosentasche hatte: Schlüssel, Gummiball oder Holzklotz.

Frage: "Hat er getroffen?"  Antwort: "Zum Glück nicht immer."

Zuletzt bearbeitet am 25.02.2005